Versuchen Sie mal „ohne“ durchzukommen!

Thorsten Lieder
4 min readJun 7, 2018
schön und ansprechend… ist das sicher nicht…

„Die Welt erstickt im Plastik“, das haben Sie sicher schon mal gehört. Ebenso wurden uns die ozeanischen Plastikstrudel in den letzten Jahren ins Bewusstsein gerufen, wir können also nicht behaupten, wir hätten von alledem „nichts gewusst“.

Konsequenz? „Fehlanzeige“ möchte ich gar nicht mal sagen, aber „schwierig“.

Vor einigen Wochen erzürnte mich ein Anblick ganz besonders, als ich in „meinem“ Supermarkt, der praktischerweise „um die Ecke“ liegt, einen „Fund“ machte, der die Absurdität besonders augenfällig macht: Mini-Möhren (sehr lecker), klein dosiert, in einer Plastikschale, zudem nochmal in Plastik verpackt! Und das Ganze dann auch noch unübersehbar mit einem Bio-Etikett. Ich hätte am liebsten einen „Strafzettel“ hinterlassen (und, nebenbei bemerkt, mache ich das seither auch).

Lecker Mini-Möhren in Plastik mit Plastik bei Edeka, alles Bio

Kann das nicht auch anders?

Supermärkte sind eine praktische Einrichtung, viele Angebote des täglichen Bedarfs sind hier konzentriert, ich brauche keine allzu langen Wege, spare Zeit und Ressourcen.

Muss ich dann alle Besorgungen aufteilen und den Erwerb auf die Anbieter ausrollen, die die entsprechende Verpackung anbieten? Ist kaum zu bewältigen!

Bei uns, wie auch andernorts: versuchen Sie es mal “ohne”

In der Stadt mag das vielleicht sogar noch im gewissen Rahmen und mit einem vertretbaren Aufwand funktionieren, aber versuchen Sie das mal „auf dem Land“, wenn die nächste „Versorgung“ Meilen entfernt liegt. Hier wird es kaum zumutbar sein, für jede Vermeidung von Verpackungsmüll einen anderen Laden aufzusuchen, zumal die Entfernungen möglicherweise, zumal bei unpässlichen klimatischen Voraussetzungen, mit einem emissionsaustragenden Fahrzeug bewältigt werden müssten.

Muss ich für Dinge, die ich kritisiere eine durchdachte, reflektierte und konzipierte Ersatzlösung parat haben? Nein. Muss ich nicht! Ich bin auch kein Materialfachingenieur.

Versuchen Sie mal „ohne“ (gemeint ist „Plastikverpackung“) durchzukommen, zumal, wenn Sie Fulltime arbeiten und noch eine Familie haben. Es ist wirklich schwierig. Ich kann hier nicht perfekt sein, kaufe dann doch auch verschiedentliche Dinge des täglichen Bedarfs, die meines Erachtens vollkommen überaufwändig verpackt sind (manch andere, wie z.B. die oben erwähnten Mini-Möhren erspare ich mir schon aus Prinzip) und plage mich mit einem mäßigen Gewissen.

Es ist die Verpackungsindustrie, die sich hier bitte schnellstens etwas einfallen lassen sollte. Im Zweifelsfall, schauen Sie doch bitte mal auf den folgenden, sehr anregenden Artikel „Für immer Dein“ — in der ZEIT, Ausgabe April 2018 (hat mich sehr inspiriert und informiert):

Hier wird u.a. von einer großen Supermarktkette namens Ekoplaza berichtet, die das Thema “Plastikfrei” aktiv umsetzt und bewirbt.

Na also, geht doch!

Für “zwischendurch”. Ist doch praktisch!

Die Europäische Union (EU) plant bis irgendwann bestimmte Einwegprodukte schlichtweg zu verbieten. Gut so! Mehr davon! Bzw. weniger davon, je nach Sichtweise. Es ist ein kleiner Schritt für die Menschheit, aber ein Schritt. Lieber wäre es mir, wenn derartige Beschlüsse schneller und umfassenderer wären, aber wir müssen hier realistisch bleiben. Die EU besteht aus 28 Ländern und weit mehr Interessen.

Aber: Niemand ist verpflichtet, auf die Beschlüsse der EU oder anderer Institutionen zu warten. Wir haben es selber in der Hand.

Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn eine nennenswerte Zahl an „Verbrauchern“ (welch ein Unwort) KEINE Waren mehr erwirbt, die als zu aufwändig verpackt empfunden werden.

Ein beeindruckendes Beispiel liefert uns hier Rachel Yates, die es weitgehend eigeninitiativ geschafft hat, dass Ihre Stadt Penzance in Cornwall als erste offizielle plastikfreie Stadt gilt, ohne dabei den Anspruch zu erheben, dass tatsächlich KEINERLEI Plastik mehr in der Stadt zu finden sei, es bezieht sich im Wesentlichen auf Einwegverpackungen u.ä.

150 Gemeinden wollen folgen, sicher nicht aus einem Altruismus, sondern nicht zuletzt, weil sie sich deutlich erkennbare Vorteile dadurch versprechen.

“Eine britische Kleinstadt kämpft gegen den Plastikmüll” auf Deutschlandfunk:

Es liegt also nicht zuletzt an uns!

Und an mir. Habe ich einen erreicht, habe ich die Welt erreicht.

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Thorsten Lieder

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